Juden, die heute in München leben:

(Die Steckbriefe stützen sich auf Interviews)

 

Charlotte Knobloch
Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland (seit 2006)
Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München (seit 1985)
Ehrenbürgerin der Stadt München (seit 2005)

Frau Charlotte Knobloch war von 1946 - 1949 Schülerin unserer Schule

Wir freuen uns auf den Besuch von Frau Knobloch im Juli zur Eröffnung unserer Projektarbeit (Ausstellung und Präsentation). Bei dieser Gelegenheit werden wir sie noch zu ihrem Leben und Wirken befragen.

Eine Mitschülerin: Sarah Küpper

Sarah ist eine Schülerin unserer Schule, Klasse 8a, Alter: 16 Jahre

Sie erzählte uns, dass sie nach ihrem Abschluss der Riemerschmid-Wirtschaftsschule wie ihre große Schwester nach Israel gehen möchte, um dort einen noch besseren Schulabschluss zu erreichen. Es besteht dort ihrer Meinung nach insofern ein besseres Schulsystem, als man nur in den Fächern wiederholen muss, in denen man durchgefallen ist.
Bevor sie an unsere Schule gekommen ist, war sie in einer Schule, die sie noch speziell in ihrem Glaubensbekenntnis, aber auch der hebräischen Sprache und Schrift unterrichtet hat. Diese beherrscht sie so gut, dass sie nur wenig Bedenken hat, in das ihr nicht unbekannte Land zu gehen um dort zu lernen.
Sarah gehört mit ihrer Familie zu den LiberalenJuden- zu dem Teil der jüdischen Lebensgemeinschaft, der ein wenig „freireligiös“ ist, d.h. nicht ganz so streng und konservativ.
Auf unsere Nachfrage erzählte sie uns auch, dass sie schon einmal eine unangenehme Begegnung mit Neonazis hatte. Diese kamen, da sie eine Kette mit dem Davidstern trug, auf sie zu und sprachen sie aggressiv daraufhin an. Diese Konfrontation ist glücklicherweise gut ausgegangen, da gute Freunde zu ihr gehalten haben.

Ein Rabbiner: Dr. Thomas Kucera

  • geboren in Tschechien
  • lebte einige Jahre in Amerika
  • studierte als erstes Biologie-Chemie (Doktorarbeit in Molekularbiologie)
  • entschied sich dann aber, das Studium zum Rabbiner zu machen, dies dauerte 5 Jahre: 1. Jahr in Potsdam, 2.+3. Jahr in Jerusalem (Talmudhochschule) und 4.+5. Jahr wieder in Potsdam.
  • Er ist ein Rabbi „made in Germany“, das heißt, einer der drei ersten Rabbiner, die in Deutschland ordiniert wurden.
  • Danach wurde er Rabbiner der liberalen jüdischen Gemeinde „Beth Shalom“ in München.

Ein Wirt: Florian Gleibs

Florian Gleibs, geb. 1971 in Berlin, seine Wurzeln liegen in Bagdad.
Von Beruf ist er selbstständiger Gastronom
Sein Lebensmotto: „Mit möglichst wenig Aufwand ein schönes und interessantes Leben führen, Andersdenkende akzeptieren.“
Seine Beziehung zur jüdischen Herkunft: Religion spielt in seinem Leben keine Rolle. Er ist an Israel und am Leben dort interessiert.
In seinem Lokal will er israelische Lebensart vermitteln. Durch den Inhaber Florian Gleibs erfährt das Restaurant "Schmock" den persönlichen Charme. Er führt sein Restaurant seit 7 Jahren in München.

Eine Studentin: Naemi Mühlstein

Naemi Mühlstein, Geburts- und Wohnort ist München; sie studiert dort auch Psychologie
Beziehung zur jüdischen Herkunft: Sie gehört der liberalen Gemeinde an, d.h. sie ist nicht im engeren Sinne religiös. Die jüdische Traditionen sind ihr wichtig. Sie hat jüdische Freunde. Ihre Freizeit gestaltet sie wie jeder andere auch.
Lebensstil: engagiert sich sehr im Studentenverein „jung und jüdisch“, besucht zweimal im Monat die Synagoge ihrer Gemeinde und hält gewisse jüdische Regeln (z. B. koscheres Essen).

Eine junge Schriftstellerin: Lena Gorelik

Lena Gorelik, geb. 1.2.1981, in Russland (ehemalige Sowjetunion; dort werden Juden immer noch diskriminiert, das Wort Jude wird als Schimpfwort benutzt)
Wohnort: München, Beruf: Schriftstellerin
Sie mag gerne: Bücher, Filme, Sonne
Sie mag nicht: Arroganz und Broccoli
Beziehung zur jüdischen Herkunft: Ist nicht im engeren Sinne religiös, jüdische Traditionen sind ihr wichtig. Hat vier Monate in Israel verbracht. Ihr Freund ist jüdisch, sie hält es jedoch für einen Zufall. „Ich hätte mich genauso in einen Nicht-Juden verlieben können.“
Über ihre Bücher: Ihr erstes Buch „Meine weißen Nächte“ ist von autobiographischen Erlebnissen inspiriert, es geht um eine jüdische Familie, die aus St. Petersburg nach Deutschland auswandert. Sie schreibt über Dinge, die sie beschäftigen, Dinge, die sie auf der Straße beobachtet, Erlebnisse, die ihr andere erzählen. Sie schreibt nicht nur über Juden.
Lebensstil: Sie geht auch in nichtjüdische Lokale. Und es ist ihr nicht wichtig, welcher Religion ihre Freunde angehören. Koscher isst sie auch nicht immer, aber sie mag das koschere Essen in Israel

Überlebender des Holocaust: Werner Grube
Werner Grube wurde in München geboren.
Seine Mutter war Jüdin und sein Vater Protestant, dennoch galt er als Jude und musste den gelben Davidstern sichtbar an seiner Kleidung tragen.
1938 wird Werner mit seinem Bruder Ernst in das Kinderheim an der Antonienstraße 7 in Schwabing gebracht. Das Leben in diesem Heim hat er in guter Erinnerung. Es scheint der Leitung gelungen zu sein, den Kindern ein gewisses Gefühl von Geborgenheit zu geben. Allerdings durften sein Bruder und er sich in der Stadt nicht mehr frei bewegen. Nach der Auflösung des Heims 1942 wurde er nach Theresienstadt gebracht, doch überlebte er den Holocaust.
Heute besucht er verschiedene Schulen, in denen er über die Zeit der Naziherrschaft und des Holocaust berichtet.
Außerdem setzt er sich stark für das Projekt " Stolpersteine" (zum Gedenken an die Opfer) ein, das jedoch nicht von allen Juden gutgeheißen wird. Doch das Gedenken an die jüdischen Opfer ist ihm vor allem wichtig.

 

Besuch im jüdischen Altersheim

Am 04.05.07 sind wir in das jüdische Altersheim in der Kaulbachstraße 65 gegangen. Das Gebäude ist in die Häuserzeile integriert, so dass es relativ unscheinbar ist. Am und im Haus gibt es mehrere Überwachungskameras. Die Fenster sind aus Sicherheitsglas. Die Leiterin des Altersheims führte uns durch das Haus, in das eine kleine Synagoge eingebaut ist. Im Innenhof ist ein hübscher Garten angelegt, in dem sich die Bewohner wohlfühlen können.

Die Sabbatfeier, an der wir teilnehmen durften, dauerte etwa 20 Minuten. Es wurden jüdische Lieder gesungen und Wein, bzw. Traubensaft getrunken und Brot gegessen. Zum Abschluss wünschten sich alle Teilnehmer „Sabbat Shalom!“.

Nach der Feier unterhielten wir uns mit einer älteren Dame, die uns einiges aus ihrem Leben und auch aus der Kriegszeit erzählte. Sie war längere Zeit in einem Arbeitslager, wo sie in einer Spinnerei zur Nachtarbeit gezwungen wurde. Vor dem Einmarsch der Sowjets sollte sie mit einem Transport in das Vernichtungslager Bergen-Belsen gebracht werden. Sie konnte jedoch fliehen, wurde bis zum Kriegsende versteckt und überlebte auf diese Weise.

Als kleines Geschenk erhielten wir dann noch ein Buch, in welchem das Zusammenleben der Heimbewohner und auch kleine Biographien einzelner Menschen erzählt werden.